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2023_Hochalmspitze - Traumfänger

von M.W.

 

 Hochalmspitze - Traumfänger 

 Bilder

Mitte Juli dieses Jahres entschließen wir uns, das sind vier motivierte Bergsteiger, einen Ausflug in den Osten der Hohen Tauern zu unternehmen. Genauer gesagt haben wir die „Tauernkönigin“, auch bekannt als Hochalmspitze als Ziel. Nicht nur das Interesse am Berggehen vereint Lukas, Johannes, Florian und mich. Sondern auch der Umstand, dass wir alle technischen Berufen nachgehen. 

Somit ist auch schnell der Draht untereinander beim Zustieg zur Gießner Hütte hergestellt, wo sich nach kurzer Zeit bereits der steile Südpfeiler der Hochalmspitze zeigt - rechts daneben die Gössrinne und links davon der beliebte Detmolder Grat. Das Urgestein dieser Gegend ist besonders wuchtig und ist mit den Felsaufschwüngen im Zillertal vergleichbar. 

Der Wetterbericht für die nächsten Tage ist stabil und dementsprechend berstend voll ist auch die Hütte. Scheinbar ist das dem Hüttenwirt entgangen, denn beim Abendessen wird rationiert, die Portionen erinnern eher an eine Vorspeise. Bei der Frage nach Nachschlag muss er uns auf später vertrösten. Denn erst wenn alle Portionen verteilt sind, könne er sagen, ob noch Nachschlag übrig sei. 

Während des Essens zieht ein Regenband über das Gebiet, deshalb ließen Florian und ich die Entscheidung noch offen, ob am nächsten Tag der angepeilte Südpfeiler V oder die gut abgesicherte Traumfänger 6a-Route in Angriff genommen wird. Johannes und Lukas gehen den sehr langen Winterleitengrat, welcher östlich der Hütte über den Zsigmondykopf bis hinauf auf die Hochalmspitze führt. Mit III+ eine eher leichtere, jedoch sehr lange Kletterei, und die Wegfindung ist nicht immer ganz klar. 

Um 7 Uhr morgens brechen Florian und ich auf, die anderen zwei sind schon eine Stunde früher gestartet. Beim Blick in Richtung Gipfelaufbau stellt sich heraus, dass drei andere Seilschaften in Richtung Südpfeiler marschieren. Zu Beginn folgen wir dem Wanderweg in Richtung „Steinerne Mandl“ und circa auf 2800 Meter Seehöhe biegen wir dann links auf das große Schneefeld ab, welches in das Trippkees übergeht. Auch wenn nicht mehr besonders viel vom relativ flachen Gletscher übrig ist, seilen wir uns an. Am Einstieg auf 3100 Meter angekommen, machen sich 2 Seilschaften bereit. Die eine versucht es am Südpfeiler und die andere steigt in den Traumfänger ein.  

Die riesigen Gneißplatten am Gipfelaufbau sind bei genauerer Betrachtung noch feucht, was uns die Entscheidung für den Traumfänger und gegen den Südpfeiler erleichtert. In traumwandlerischer Sicherheit steigt Florian die erste Seillänge dieser großen Schuppen empor. Allerlei zusätzliches mobiles Sicherungsmaterial ließe sich in den Rissen und Köpfen des Gneißes platzieren, die Route ist aber ohnehin gut mit Bohrhaken versichert. In der vierten Seillänge befindet sich die Schlüsselstelle, welche von der Sonne bereits vollständig getrocknet wurde. Die Schlüsselstelle mit 6a, eine senkrechte Platte mit schmalem Riss, ist im festen Fels und an Griffigkeit kaum zu überbieten. Es ist zwar nur ein schwieriger Kletterzug, dieser reicht jedoch bei dünner Luft in 3300 Meter und schwerem Rucksack aus, um uns richtig keuchen zu lassen. Der Großteil des Traumfängers wird jedoch im 4. Grad mit durchaus kompaktem Fels geklettert. Nach 11 Seillängen kommen wir glücklich am Gipfel auf 3360 Meter an. Der Blick schweift vom Großglockner bis zum Dachstein und auch unser Stützpunkt, die Gießner Hütte, ist sichtbar. Denn die einzelnen Wolken vom Vormittag sind nun zu unserer Freude gewichen.  

Die 3 Stunden Abstieg fordern nicht nur unsere müden Beine, sondern wir müssen unterhalb der bizarren Felsstruktur des „steinerner Mandl“ noch abseilen. Beim Auto angekommen treffen wir unsere Kollegen wieder. Sie berichten uns von einer tollen Tour über den Winterleitengrat hinauf auf die Hochalmspitze, als Abstiegsvariante wurde der ausgesetzte Detmolder Grat gewählt. 

Zufrieden über das Geleistete sacken wir in die Autositze und erzählen von unseren Erlebnissen. In Salzburg angekommen, reisen Johannes und ich im überfüllten Railjet Express Richtung Linz. Leider finden wir keinen Sitzplatz mehr. Da die Beine schwer sind, setzen wir uns auf den Boden vor den Zugtoiletten. Plötzlich steigt eine Dame mittleren Alters auf die Finger von Johannes. Er zuckt zusammen, bis er realisiert, dass das nicht irgendjemand ist, sondern die Ex-Politikerin Eva Glawischnig. Die gibt ihm, wohl unabsichtlich, eine Schelte. „Verdient?“, frage ich ihn schelmisch. Wohl nicht nach so einer tollen Tour.  

Einerseits froh, dass wir keine weiteren zwielichtigen Altpolitiker über den Weg laufen und andererseits zufrieden über die vielen Eindrücke, kommen wir zuhause an. 

  

09.07.23, M. W. 

 

Bild 1: Verschneidung SL 4  

Bild 2: Felssporn am Ausstieg 

 

Bild 3: “Steinerne Mandl”